„Wir werden die Marke Azur nach vorn bringen“ –
Interview mit Jan Vyskocil und Oliver Frank von der Lodgyslife AG

Lodgyslife AG übernimmt Azur Freizeit GmbH

Oliver Frank und Jan Viskvic von der Lodgyslife AG
Foto: Redaktion

Mit dem Kauf der Azur-Kette hat die Lodgyslife AG einen großen Schritt zur Expansion gemacht. Wie kam es zu diesem Deal und wie soll es weitergehen? CI sprach mit Jan Vyskocil und Oliver Frank.

Die deutsche Azur-Kette mit Sitz in Stuttgart wird Teil der Lodgyslife Gruppe. Die Lodgyslife AG, die bereits die Marke Camping Lodge erfolgreich im Markt positioniert hat, wird mit der Übernahme der Azur Freizeit GmbH zu einer der größten Campingplatz-Gruppen im deutschsprachigen Raum. Mit dem Erwerb der fünf Azur-Campingplätze im Altmühltal, in Regensburg, am Auwaldsee bei Ingolstadt, in Wertheim und in Sonnenbühl auf der Schwäbischen Alb baut die AG ihr Portfolio auf insgesamt zwölf Plätze aus, alle in Top-Lagen.

Die Gesellschaft ist das derzeit am schnellsten wachsende Unternehmen in der Camping-Branche. In der Schweiz gelang es mit der Marke Camping Lodge innerhalb von nur drei Jahren in die Marktspitze vorzudringen. Im Jahr 2022 stieg die Zahl der Übernachtungen um 27 Prozent, im Jahr 2023 lag das Plus bei 18 Prozent (Stand: Ende September 2023) und damit 14 Prozent über dem Marktdurchschnitt. Die Lodgyslife Gruppe mit Sitz in Frankfurt übernimmt die Dachgesellschaft Azur Freizeit GmbH und fünf Campingplätze mit rund 1.600 Stellplätzen und 72 Mietunterkünften in Bayern und Baden-Württemberg. Die etablierte Marke Azur bleibt erhalten und wird ausgebaut. Die Mitarbeitenden werden übernommen. Die neue Eigentümerin, zu der mit der Camping Lodge bereits eine der führenden Schweizer Marken für Campingurlaub gehört, wird damit zu einer der größten Betreiberinnen im deutschsprachigen Markt. Das Sportcamping & Glamping Resort Rio Vantone am Idrosee in Italien ist nicht Bestandteil der Transaktion. Jan Vyskocil und Oliver Frank standen CI in der Zentrale in Stuttgart für ein Interview zur Verfügung.

CI: Wie kam es denn nach einer 40-jährigen Unternehmenshistorie zu diesem Verkauf?

Oliver Frank (lacht): Ich bin selbst überrascht, dass ich diesen Entschluss gefasst habe, weil ich ursprünglich nie die Absicht hatte, meine Firma, die mein Vater ja aufgebaut hat, zu verkaufen. René und Jan hatten mich Ende 2022 angesprochen, aber ich hatte erst einmal kein Interesse, da es hervorragend läuft. Doch dann geht einem viel durch den Kopf und ich war immer jemand, der drauf bedacht war, rechtzeitig die Dinge zu erledigen. Meine Söhne, welche aktuell noch am Studieren sind, wissen noch nicht richtig, was sie in der Zukunft gerne tun wollen, und sind einfach noch zu jung für eine solche 24/7-Aufgabe.

CI: Also die typische Generationsfolge, für die die Lodgyslife ja auch wirbt?

Oliver: Jan, René und ich waren sofort auf gleicher Wellenlänge. Ausschlaggebend für mich ist, dass das Unternehmen in meinem Sinne weitergeführt wird und meine Mitarbeiter ein neues Zuhause finden. Man sieht, dass sich die Welt weiterentwickelt, vor allem in den Themen Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Dies zieht hohe Investitionen mit sich, für welche eine gewisse Größe nötig ist.

Jan Vyskocil: Die Werte, die Oliver und wir haben, teilen wir uns. Uns ist wichtig, das bisher Geschaffene zu respektieren und darauf aufzubauen. Dabei achten wir darauf, die jeweilige Charakteristik der Umgebung zu berücksichtigen. Mit der Azur-Gruppe übernehmen wir eine sehr solide Basis, um unsere Wachstumsstrategie weiter umzusetzen. Die Azur-Gruppe hat sich als Sprungbrett für den deutschen Markt angeboten, nicht zuletzt auch durch die Nähe des süddeutschen Raums zur Schweiz.

CI: Wie wird sich dies in Zukunft gestalten?

Jan: Wir führen Azur einfach weiter. Wir werden eine Zwei-Marken-Strategie fahren und werden an Azur festhalten mit einem angepassten Konzept an die deutsche Nachfragesituation. Weitere Plätze, die wir in Deutschland hinzugewinnen können, werden je nach Ausrichtung und Positionierung des Platzes entweder in die Azur-Gruppe integriert oder unter der Marke Camping Lodge weiterentwickelt. Mit unserem institutionellen Finanzpartner und der Finanzierung im zweistelligen Millionenbereich sind wir gut aufgestellt, um in Deutschland weiter rasch und qualitativ zu wachsen.

CI: Also den Skalen-Effekt von Camping Lodge auf Azur übertragen?

Jan: Wir haben in de letzten Jahren eine Plattform erarbeitet, mit welcher wir in der Schweiz bewiesen haben, dass wir ein innovatives Konzept halten können. Mit einem klaren Fokus auf die Qualität im Produkt und den Dienstleistungen, eingebettet in die Nachhaltigkeit. Dies hat ermöglicht, in der Schweiz überproportional zu wachsen. Diese Plattform können wir nun auf die Azur-Gruppe übertragen, wobei die Nachhaltigkeit auch hier eine wichtige Rolle spielen wird.

CI: Da hat Azur ja auch bereits deutsche Vorarbeit geleistet.

Oliver: Das Thema Nachhaltigkeit ist bei uns seit einigen Jahren deutlich in den Vordergrund gerückt. Wir leben es auch und investierten viel, um das auszubauen, zum Beispiel regionale, nachhaltige Produkte, eine konsequente Mülltrennung und den Verkauf ausschließlich von Mehrwegflaschen, Energie und Wassereinsparungen sowie sensorgesteuerte Spender im Sanitär. Wir haben Naturspielplätze, keine Plastikspielplätze.

Jan: Da sind die gemeinsamen Werte da und wir können voneinander lernen und profitieren. Ein schonender Umgang mit den Ressourcen ist wichtig. Wobei wir bei der Nachhaltigkeit einen umfassenden Ansatz verfolgen und nebst der Ökologie auch die Themen Regionalität, Wirtschaftlichkeit, Management und Soziales berücksichtigen.

CI: Bleibt Oliver Frank an Bord?

Jan: Ja, Oliver bleibt uns erhalten, aber in einer Form, die seinen künftigen Anforderungen entspricht.

Oliver: Mein Hobby ist meine Arbeit, aber es braucht nach einer Übernahme einen klaren Schnitt. Ich stehe in der Zukunft in einer anderen Form zur Verfügung und will ja auch noch meinen Platz am Idrosee betreiben.

Jan: Wir werden von seinem Wissen profitieren. Er war unternehmerisch clever und hat Wissen auch auf die Mitarbeitenden übertragen.

CI: Über welche Kanäle werden die Buchungen heute generiert?

Oliver: Die allermeisten Buchungen laufen seit acht Jahren ausschließlich online. Den Walk-in gibt es natürlich nach wie vor, aber es gibt bei Azur preisliche Vorteile, wenn online gebucht wird.

CI: Sollen die Plätze auf Online-Plattformen stattfinden?

Jan: Wir haben derzeit 97 Prozent Direktbuchungen, aber wir sind vorbereitet auf morgen. Wir betreiben eine offene und agile Plattform-Strategie und können jederzeit neue Module implementieren, wenn es zukünftig einem Bedürfnis der Gäste entspricht – sei es, um Buchungsbreite zu erlangen oder Bekanntheit und Visibilität aufzubauen. Es gibt auch Bereiche, in denen der deutsche Markt andere Anforderungen mit sich bringt, verglichen mit der Schweiz. Zum Beispiel bei den Kassensystemen, da in Deutschland die Giro-Karte weit verbreitet ist. Auch hier können wir schnell reagieren, dank unserer Plattform-Philosophie.

CI: Junge Gäste buchen ja fast nur noch online.

Oliver: Dies trifft genauso für ältere Gäste zu. Da gibt es keine Unterschiede mehr. Wie gesagt, bei Azur buchen alle Gäste seit Jahren nur noch online.

Jan: Das, was für den Gast einfacher geht, machen wir auch. Das ist unser Anspruch an das digitale Gästeerlebnis.

CI: Wie steht es um die Mitarbeiter auf den Azur-Plätzen?

Jan: Der Kampf um Talente wächst. Mit unserem Kompass, welcher als Leitfaden für alle Mitarbeitenden dient, erhoffen wir uns gewisse Vorteile in der Rekrutierung. Wir fördern unsere Mitarbeitenden ganz bewusst, damit diese mit den Aufgaben wachsen können. Was die Übernahme der Azur-Mitarbeitenden betrifft: Es macht Sinn, eine bestehende Infrastruktur auf einem bestehenden Platz zu erhalten. Wir bieten allen Mitarbeiten an, in dieser Struktur zu bleiben.

CI: Wie haben die Mitarbeiter denn den Verkauf aufgenommen?

Oliver: Es war ein emotionaler Moment. Auch bei mir flossen Tränen. Ich habe mit allen Mitarbeitern gesprochen, sodass alle Ängste genommen werden konnten. Es werden keinerlei Arbeitsplätze abgebaut.

Jan: Wir haben uns bei jedem persönlich vorgestellt, unsere Pläne erklärt, bei Mitarbeitern bedankt und haben ihnen zugesichert, dass wir gerne mit dem Wissen der Mitarbeiter weiter machen würden. Wir werden Azur nach vorn bringen.

Oliver: Wir haben für dieses Jahr schon 80 Prozent der Mitarbeiter wieder vor Weihnachten akquiriert. Das spricht für uns und zeigt, dass die Menschen gerne bei uns arbeiten.

CI: Wird die Buchungssoftware angeglichen?

Jan: Die in der Schweiz für die Camping Lodge aufgebaute Digitalisierung-Plattform wird auf die Azur-Gruppe übertragen, sprich wir implementieren in den kommenden Wochen unsere Systemlandschaft bei der Azur-Gruppe. Wir haben uns für ein System entschieden, dass in den Märkten Australien, UK und US erfolgreich ist und weltweit von über 4.000 Kunden genutzt wird. Da ist vieles automatisiert und wird laufend für die Zukunft weiter ausgebaut. Wenn wir ein ganzheitliches Reiseerlebnis bieten können, ist es was ganz anderes, als nur eine Parzelle zu buchen. Dazu gehören auch Angebote wie WeWash, das Buchen von Tickets für die Bergbahnen oder das Reservieren von E-Bikes. Wir beobachten auch Entwicklungen wie zum Beispiel das Dynamic Pricing genau und sind mit unserer Tool Box bereit, sobald sich die Akzeptanz bei den Gästen zeigt.

CI: Wir bedanken uns für das Gespräch und wünschen viel Glück bei der Unternehmung.

Mehr Infos: www.lodgyslife.com