Glamping aus wissenschaftlicher Sicht

Erkenntnisse zum naturtouristischen Konzept Deep-Nature-Glamping

Glamping in Deutschland: luxuriöse Campinghütte
Foto: Åkrafjorden Glamping

Natur pur erleben und auf keine Annehmlichkeit verzichten – genau das bietet Glamping. Die luxuriöse Variante des Campings begeistert immer mehr Menschen. Sven Groß, Jana Culemann und Juliane Rebbe erläutern wichtige Grundlagen und definieren den Begriff Deep-Nature-Glamping zum ersten Mal in deutscher Sprache.

Buch Glamping in Deutschland
Glamping findet nur in der anglophilen Wissenschaft statt. Mit der Arbeit aus der Hochschule Harz liegt erstmals eine deutsche Arbeit vor. Glamping in Deutschland – Angebot und Nachfrage eines naturtouristischen Konzepts1. Auflage 2022, ca. 125 Seiten, ISBN 978-3- 7398-3211-1, 29,90 Euro

Mit dem 2022 veröffentlichen wissenschaftlichen Werk Glamping in Deutschland legen drei Tourismuswissenschaftler der Hochschule Harz den aktuellen Forschungsstand in Sachen Glamping dar und zeichnen Angebot und Nachfrage des naturtouristischen Konzepts in der Zukunft nach. Darauf aufbauend stellen sie eine Untersuchung vor, die die Nachfrage nach einer Unterform des Glampings – dem Deep-Nature-Glamping – unter die Lupe nimmt. Das Buch richtet sich an Studium und Wissenschaft, ist aber auch für die Campingwirtschaft sowie die Camping- und Tourismuspraxis eine spannende Lektüre. Sie zeigt auf, dass sich Glamping sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite in Europa und damit auch in Deutschland als Urlaubsform im Naturtourismus bzw. Abenteuertourismus etabliert hat.

Glamping findet nicht nur in der Tourismuswirtschaft, sondern auch in der touristischen Forschung mehr Beachtung. Es lassen sich jedoch weniger deutschsprachige wissenschaftliche Veröffentlichungen finden als englischsprachige. Mit dieser Publikation kann diese Lücke aber ein wenig geschlossen werden, indem sowohl der aktuelle Stand der Diskussion (z. B. zur Definition und Abgrenzung, zu den behandelten Themen, zur nachhaltigen Ausrichtung), die rechtlichen Grundlagen, die Entwicklung des Glampings als auch Informationen zu den verschiedenen Anbietern und Anforderungen, Hindernissen, Push- und Pull-Faktoren usw. der Nachfrager aufgezeigt werden. Darüber hinaus werden Ergebnisse einer eigenen Onlinebefragung zum Glamping und insbesondere zu einer Unterform des Glamping, dem Deep-Nature-Glamping, präsentiert.

Luxus-Glampingzelt im Wald
Insbesondere das Deep-Nature-Glamping wurde nun von der Hochschule Harz untersucht. In der Arbeit wird das Interesse am Deep-Nature-Glamping-Konzept aus Sicht der Befragten erläutert und die Spezifikationen dargelegt. Foto: Geodesic Hillside Dome, Ottawa River/Airbnb/Arthur

Die Erkenntnisse der empirischen Untersuchung zeigen, dass der Begriff ‚Glamping‘ in Deutschland noch relativ unbekannt ist: Mehr als die Hälfte der Befragten haben noch nichts von diesem Begriff gehört. Ein ähnlich hoher Anteil der Befragten ordnet das beschriebene Deep-Nature-Glamping in die Kategorie Glamping ein und fast die Hälfte der Befragten kann sich vorstellen, einen Glamping-Urlaub zu unternehmen. Etwas mehr als ein Drittel ist einem solchen Urlaub gegenüber jedoch negativ eingestellt. Eine von fünf Personen ist sich unsicher, ob sie einen derartigen Urlaub durchführen würde. Bei diesen Personen wird es auf die Ausgestaltung des Angebotes, den genauen Preis des Angebotes usw. ankommen.

Die Untersuchung hat ergeben, dass sich Befragte, die bereits mindestens einmal einen Campingurlaub durchgeführt haben, eher vorstellen können, einen im Konzept beschriebenen Urlaub durchzuführen als Probanden, die noch keine Campingerfahrung haben. Aber auch bei den Campingunerfahrenen stößt ein derartiges Angebot bei fast jedem dritten Befragten auf Interesse. Die Probanden können sich größtenteils vorstellen, dass sie zwischen drei und sieben Übernachtungen für einen Deep-Nature-Glamping-Urlaub einsetzen. Durchschnittlich sind die Probanden bereit, ca. 52 € pro Person und Übernachtung auszugeben.

Zelt auf Holzplattform direkt am Seeufer
Mitten in der Natur, aber bitte mit Komfort. Das Deep-Nature-Glamping lockt Gäste an, die sich mit der Natur gerne vereinen würden, aber dies nur ohne persönliche Einschränkungen. Foto: Tim Peterson/Unsplash

Als potenzielle Reisebegleitung kommt für den Großteil der Befragten der Partner in Frage. Aber auch als Familie oder als Freundesgruppe ist ein solcher Urlaub für vergleichsweise viele Probanden denkbar. Die meisten Probanden wünschen sich, dass bei der Ausgestaltung eines Deep-Nature-Glamping-Angebots kein Verkehrslärm zu hören ist. Außerdem sollten einerseits keine Straßen und Häuser mehr zu sehen sein, andererseits wird erwartet, dass der nächste Ort fußläufig erreichbar ist. Bei einer Gegenüberstellung von Luxus und Abgeschiedenheit zeigt sich, dass die Abgeschiedenheit für die Befragten wichtiger als der luxuriöse Aspekt ist.

Die wichtigsten Ausstattungsmerkmale für ein Glampingangebot wie im Konzept beschrieben sind eine Toilette, Müllentsorgung sowie Dusch- und Kochmöglichkeiten. Die Bereitschaft, mobile Sanitäranlagen (z. B. Solarduschen oder Komposttoiletten) zu nutzen, ist relativ hoch – zwei von drei Probanden würden diese benutzen, fast ein Viertel ohne Bedenken. Aus Sicht der interessierten Befragten sprechen insbesondere „Entspannung/Kraft tanken“, „Erleben unberührter Natur“ und „Flucht aus dem Alltag“ für einen (Deep-Nature-)Glamping-Urlaub. Die Erwartungshaltungen und Wünsche der Befragten gegenüber einem Deep-Nature-Glamping-Urlaub können bei der Ausgestaltung eines entsprechenden Angebots für den deutschen Markt berücksichtigt werden, u. a. bei Überlegungen zu Standort, Ausstattungselementen und Preis. Zudem sollte in der Kommunikation bedacht werden, dass der Begriff noch nicht bei allen bekannt und somit ein Deep-Nature-Glamping-Angebot beratungsintensiv ist.

Junges Pärchen steht auf der kleinen Terasse eines Holzchalets im Wald an einem Bachlauf
Glamping findet immer mehr Freunde. Diese Entwicklung spiegelt sich auch im zunehmenden Interesse am Camping wider und die von der Wissenschaft als sogenannte „Soft Adventure“-Aktivität als eine Form des Abenteuertourismus kategorisiert wird. Foto: Park Cliffe Wildermere

Die Ergebnisse können dazu beitragen, differenziertere Marketingmaßnahmen zu entwickeln. Beispielmaßnahmen reichen von Mikroabenteuern von wenigen Stunden oder Tagen bis hin zu einer längeren Auszeit („Sabbatical“), um sich selbst und die Umgebung in der Nähe und Ferne innerhalb Deutschlands besser kennenzulernen. Destination-Management-Organisationen (DMOs) können dies bei der Produktentwicklung und beim Marketing berücksichtigen. Die eigene Erhebung dient als Anwendungsfall und konzentriert sich ausschließlich auf deutsche Befragte. Dies erschwert die Übertragung der Ergebnisse auf andere Länder mit anderen kulturellen Merkmalen.

Die drei Autoren des Buchs Glamping in Deutschland
Die Autoren

Die Ergebnisse sollten im Zusammenhang mit der hohen Reiseerfahrung der Deutschen verstanden werden. Interkulturelle Aspekte sollten in zukünftigen Untersuchungen berücksichtigt werden, da das Ausmaß, in dem Touristen an bestimmte Arten oder Niveaus von Risiken, infrastrukturellen Gegebenheiten usw. aus ihrem Heimatland gewöhnt sind, höchstwahrscheinlich eine Rolle bei ihrer Wahrnehmung, Einstellung oder ihrem Verhalten gegenüber diesen (Angebots-)Merkmalen spielt. Für zukünftige Forschungsprojekte wird daher empfohlen, eine größere Stichprobe anzustreben und Probanden aus verschiedenen Ländern einzubeziehen, um belastbarere Aussagen zur Verallgemeinerbarkeit treffen zu können.

 

Mehr Beiträge zum Thema Glamping finden Sie hier.